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  • julia9782

Kinder - oder Liebe?

Stellen Kinder wirklich eine „Zerreißprobe“ für die Partnerschaft dar und wenn ja, was bedeutet das konkret und wie können Paare dies gut meistern?


Junge Eltern sind mit vielen Themen konfrontiert, welche kinderlose Paare nicht in diesem Maße kennen. Dazu gehören z. B. Übermüdung durch schlaflose Nächte, Uneinigkeiten hinsichtlich der Erziehung, wenig Zeit für Zweisamkeit/ Sexualität, weniger persönliche Gespräche und mehr Gespräche über Organisatorisches, Stress durch die oft herausfordernde Verbindung von Beruf und Familie u. v. m.


Damit verbunden ist oft der geheime Wunsch, einmal ganz allein auf einer einsamen Insel zu sein. Ohne den Partner. Einfach abzutauchen und Zeit für sich zu haben, zum Auftanken. Kollidiert dieser oft unausgesprochene Wunsch nach Zeit für sich mit den Bedürfnissen und Erwartungen des Partners, läuft das Fass ganz schnell über.

Im Tohuwabohu des Alltags mit Kindern steht die Partnerschaft häufig hintenan und nicht selten beklagt sich einer der Partner, nur noch eine untergeordnete oder sogar gar keine Rolle mehr im Leben des anderen zu spielen.

Die Überlastung führt zu Konflikten und es besteht die Gefahr, sich auseinanderzuleben.

Und schließlich meldet sich in vielen Menschen eine innere Stimme, die sich nach der Zeit vor der Familiengründung zurücksehnt. Eine Stimme, welche die Uhr gerne zurückdrehen würde, die sich nach Freiheit, Leichtigkeit und Lust sehnt. Die manchmal denkt, dass das Leben doch nicht nur aus Windeln, Erziehung und Pflichten bestehen kann, gekrönt von Konflikten in der Partnerschaft. Und so sehr diese innere Stimme auch unangepasst oder gar verboten erscheint, sollte sie Gehör finden, damit nicht irgendwann das Gefühl entsteht, ausbrechen zu müssen.

Fragt man Paare, ob sie sich noch einmal für Kinder entscheiden würden, so antworten diese meist trotz all der genannten Dinge mit „ja“, ohne lange zu überlegen. Denn die Liebe ist meist größer als der Stress. Wir können und wollen unsere Kinder nicht mehr wegdenken. Sie bezaubern uns, erfüllen uns mit Stolz, vermitteln ein Gefühl von Zugehörigkeit und geben unserem Leben letztlich einen Sinn.


Was können Paare also tun, um all die genannten Herausforderungen zu meistern?

So banal es klingen mag, es ist wichtig, für die eigene Entlastung sorgen. Auch eine Stunde für sich, in der der Partner oder eine andere Person die Kinderbetreuung übernimmt, kann schon helfen, den eigenen Akku wieder aufzuladen. Und mit aufgeladenem Akku ist wieder mehr Raum für die Partnerschaft.

Damit verbunden ist es hilfreich, sich mehr Raum für Zweisamkeit und gemeinsame, schöne Erinnerungen zu schaffen. Der bekannte Paarpsychologe John Gottman schreibt in seinen Büchern, dass ein negatives Erlebnis in der Erinnerung mehr zählt, als ein positives. Kommt es also zu oft zu negativen Erfahrungen von Verletzung und Konflikten, ohne dass schöne Erfahrungen folgen, so kann sich dies dauerhaft negativ auf die Beziehung auswirken. Schöne Erinnerungen können auch im Kleinen stattfinden, z. B. durch ein gutes Gespräch, eine Massage, oder einfach gemeinsames Lachen.

Ähnlich fördernd kann es sein, sich einen ressourcenorientierten Blick auf die Beziehung anzugewöhnen. Was mag man an seinem Partner? Was macht er gut? Was gibt er der Familie und was macht er im Kontakt zu den Kindern gut? Mehr Anerkennung und weniger Kritik wirken sich auf die Partnerschaft dauerhaft positiv aus. Die Kritikpunkte, welche einem dennoch wichtig sind, sollten hingegen mit so viel Wertschätzung wie möglich formuliert werden. Wichtig dabei ist es, die Kritik anhand eines konkreten Beispiels zu formulieren, verbunden mit einem Veränderungswunsch (s.u. zum Weiterlesen „gewaltfreie Kommunikation“).

Beim Thema Wertschätzung sollte es allerdings nicht nur um den Partner gehen. Auch wir selbst sollten versuchen, uns mit einem Ressourcen-orientierten Blick zu betrachten. Was mögen wir an uns selbst? Was haben wir gut gemacht? Wie können wir unseren eigenen Perfektionisten herunterfahren, uns Fehler erlauben und liebevoll mit uns selbst umgehen? Nicht umsonst heißt es, dass wir andere nur dann lieben können, wenn wir uns selbst lieben. Und diesen Punkt vergessen wir ganz häufig.

Schließlich kann es von Bedeutung, sein mehr persönliche Gespräche mit dem Partner in den Alltag zu integrieren. Studien zeigen, dass Paare pro Tag nicht mehr als ca. drei Minuten über persönliche Dinge miteinander sprechen. Wird dies zur Gewohnheit, besteht die Gefahr der Entfremdung. Sich die Zeit zu nehmen, den Partner zu fragen, wie es ihm momentan wirklich geht und was ihn beschäftigt, lohnt sich.


Es gibt also Einiges, was wir tun können, um auch mit Kindern eine erfüllte Partnerschaft zu führen. Man kann viel auch ohne Hilfe von außen verändern. Dennoch kann eine Beziehung auch immer wieder eine „Pflege oder Wartung“ von außen gut vertragen. Zu einem Paartherapeuten zu gehen muss nicht immer bedeuten, dass alles schief läuft und die Beziehung kurz vor dem Ende steht. So wie wir unser Auto zur Inspektion bringen oder unsere Haare beim Friseur schneiden lassen, kann auch eine Beziehung es manchmal gut vertragen, sich von außen eine Einschätzung zu holen, wichtige Themen zu klären und die Partnerschaft zu pflegen.


Zum Weiterlesen:

  • Gottman, J. (2014). Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe. Ullstein.

  • Rosenberg, M. (2016). Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens. Junfermann.

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